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McKinneys Kampf gegen sich selbst

(Samstag, 21. Oktober 2006 von Marc Rybicki)


Wenn Charles Bartons Blick auf seinem Schützling Jimmy McKinney ruht, denkt der Trainer der DEUTSCHE BANK SKYLINERS an eine Basketball-Weisheit: „Du misst dich mit deinem Gegner, um zu gewinnen und mit dir selbst, um besser zu werden.“ Mögen die Gegenspieler Garrett oder Gardner heißen, für Jimmy McKinney bleibt der größte Herausforderer Jimmy McKinney – und die Erwartungshaltung, die sich seit Jugendtagen mit seinem Namen verbindet.


„Die einzige Person, die mich stoppen kann, bin ich selbst“, sagt der 23-Jährige Guard ohne einen Anflug von Arroganz. McKinney ist von seinen Fähigkeiten überzeugt. Doch wer schon vor seinem ersten College-Spiel die Schlagzeile über sich liest „Ein Hauch von Größe umweht Jimmy McKinney“, muss lernen, die mahnende innere Stimme aus den Lobeshymnen herauszuhören: bleib auf dem Teppich und trainiere hart. Noch hast du nichts erreicht. Wer zu früh zufrieden ist, bleibt auf dem Level des ewigen Talents stecken.


„Sein Leben lang hörte Jimmy nur welch großartiger Spieler er doch sei. Ich habe ihm gesagt, dass er ein guter Spieler ist. Ein großartiger Spieler kann Jimmy werden, wenn er weiter an sich arbeitet“, sagt Coach Barton. Im 59-jährigen Amerikaner hat McKinney einen harten, aber fairen Förderer gefunden. „Charles Barton treibt mich an. Er sitzt mir immer im Nacken. In jeder Trainingseinheit, in jedem Spiel. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn nur so kann ich reifem. Vor allem meine Mitspieler muss ich mehr in Szene setzen.“


Um sein Ballhandling und seinen Wurf zu verbessern, legt McKinney Sonderschichten im Trainingszentrum der DEUTSCHE BANK SKYLINERS ein. Sein Ziel: sich in der Bundesliga einen Namen machen und die frustrierenden College-Jahre vergessen. „Ich war dort nicht ich selbst und fühlte mich nicht wohl.“ Wenn McKinney über die Zeit bei den Missouri Tigers spricht verschwindet das breite Grinsen aus seinem Gesicht. In der Schule bedeutet Basketball für McKinney noch Spaß pur.


College-Zeit = Krisen-Zeit


Als verlängerter Arm seines väterlichen Trainerfreundes Floyd Irons führte Jimmy McKinney die Vashon High School zu drei Staatsmeistertiteln in Folge. Talentspäher von Colleges aus den gesamten Vereinigten Staaten gaben sich im Haus der McKinneys in St. Louis, Missouri, die Klinke in die Hand, um Jimmy in ihr Team zu lotsen. Der Umworbene ließ sich lange bitten – bis Mutter Emma ein Machtwort sprach. „Sie sagte zu mir, ich solle mich endlich entscheiden, damit der ganze Zirkus ein Ende findet.“ Um in der Nähe seiner Familie zu bleiben, ging McKinney zu den Missouri Tigers.


Sein Einstand war alles andere als glücklich. Bei einem Testspiel vor Saisonbeginn hechteten McKinney und sein Gegenspieler nach einem verlorenen Ball. Die Spieler knallten mit den Köpfen zusammen, McKinney blieb mit einer Schädelfraktur bewusstlos liegen. Der Guard wurde sofort operiert. "Ich bekam fünf Metallplatten und 26 Schrauben in den Schädel. Danach musste ich drei Monate pausieren."


In seinen ersten 14 Spielen für die Tigers trug McKinney eine lästige Gesichtsmaske. Dennoch kam er in seinem „Freshman“ Jahr auf einen Schnitt von 8,6 Punkten und 3,4 Assists. Zum Vergleich: der Ex-Berliner Hollis Price erzielte in seinem ersten College-Jahr 7,2 Punkte und 3,5 Assists.


McKinneys Zahlen stimmten - die Teamleistungen nicht. In der Saison 2004/2005, McKinneys zweitem College-Jahr, schliddern die Tigers in die Krise. Mit der schlechtesten Offensive der Liga verlieren sie ein Spiel nach dem anderen und McKinney beinahe die Lust am Basketball. „Wir hatten überhaupt keine funktionierende Chemie in der Mannschaft. Das war einfach nur frustrierend.“ Mit gemeinsamen Abendessen und Einzelgesprächen versuchte McKinney aus den Einzelkämpfern eine erfolgreiche Einheit zu formen. Vergeblich. "Jimmy ist ein Typ, der sich immer viel Verantwortung auf die Schultern lädt. Wenn es nicht läuft, denkt er darüber nach, was er hätte besser machen können zum Wohl der Mannschaft. Er ist ein Teamspieler durch und durch", so Floyd Irons.


Nicht einmal in seiner gesamten College-Karriere erreichte McKinney mit den Missouri Tigers die Endrunde um die Meisterschaft. Schlimmer noch: McKinney ließ sich von der Schwäche seiner Teamkollegen anstecken. 2004/2005 punktete er in 10 von 33 Spielen zweistellig und traf 25,6 Prozent seiner Distanzwürfe.


Der Mann, der alles spielen kann


Hinzu kamen private Sorgen. Ethan McKinney wurde 15 Wochen zu früh geboren. Jimmy und seine Verlobte Inga bangten um das Leben ihres Kindes. In jener schwierigen Zeit habe er viel von seinem Sohn gelernt. „Er ist ein Kämpfer“, sagt McKinney heute, während er stolz ein Foto seines Sprösslings betrachtet. „Aus seinen Augen strahlt so ein Leuchten, voller Energie und Stärke. Genau das braucht man auf dem Feld. Vielleicht wird er auch mal ein Basketball-Spieler.“ 


Obwohl McKinney nie seinen besten Basketball in Missouri zeigte, schlossen ihn die Fans  ins Herz. „The One“ heißt eine Liebeserklärung auf der Internet-Seite des Tigers Fanclubs. McKinney könne jede Position und jede Rolle spielen – sogar Willy Lowman in „Der Tod eines Handlungsreisenden.“ Gerne erinnert man sich an den Sieg gegen den Erzrivalen Kansas am 6. März 2005, als McKinney heiß lief und die Bestleistung von 21 Punkten ablieferte.


Ob die Frankfurter Anhänger einmal ähnlich glühende Zeilen über „Jay-Roc“ verfassen werden? Genießen sollten sie die Zeit mit McKinney in jedem Fall. „Er ist einer der talentiertesten Spieler, die jemals das Frankfurter Trikot trugen“, so Coach Barton. Die Welt steht dem begabten Schlacks offen. Wenn er den Kampf gegen sich selbst gewinnt.